9.4.2025

Mehr Zeit für kranke Kinder – und ihre Familien.

Fatima erkrankte mit 13 an Krebs und war seitdem regelmässig Patientin bei uns. Mit 21 Jahren verstarb sie. Bis zuletzt wurde sie auf eigenen Wunsch bei uns im Spital gepflegt. Wir konnten Fatima leider nicht retten. Aber wir konnten ihr und ihrer Familie dank Spenden extra viel Zeit schenken.

«Kommt ein Kind zu uns ins OKS, bauen wir von der ersten Sekunde an eine Beziehung zu ihm auf. Diese Beziehung soll unsere Patientinnen und Patienten während ihres gesamten Aufenthalts bei uns bis hin zum Austritt tragen und ihnen vermitteln: Wir sind da, wir nehmen dich und deine Bedürfnisse ernst! Das gilt genauso für die Familien der Kinder. Sich ausreichend Zeit zu nehmen und sie gut einzubinden, erhöht die Chancen, dass sich Kinder und Jugendliche bei uns wohl fühlen. Was wiederum einen positiven Effekt auf die Heilungsperspektiven hat.» So umreisst Ellen Bonvin, Fachexpertin familienzentrierte Pflege, die Grundhaltung, die seit 2005 die Pflege im OKS prägt.

Allen in der Familie zuhören

Verunfallt oder erkrankt ein Kind, betrifft das die ganze Familie. Der Krankheitsverlauf bringt viele Unsicherheiten mit sich. Vor allem Geschwister von kranken Kindern brauchen besondere Unterstützung. Ganz am Anfang informieren sich die Pflegenden darum, wie die Familie aufgebaut ist. Sie erstellen bei jedem Patienten und jeder Patientin ein detailliertes Beziehungsdiagramm, das aufzeigt, wer zur Familie gehört. Das können auch Patinnen und Paten, Grosseltern, Freundinnen und Freunde, ja sogar Haustiere sein. Jede Familie ist anders, und dennoch haben alle Familien mit einem Kind im Spital ähnliche Bedürfnisse: Sie möchten offen informiert werden, Unterstützung und Aufmerksamkeit erhalten und manchmal auch eine Auszeit nehmen dürfen.  

«Wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, zum Kind und seiner Familie eine Beziehung aufbauen, dann vergeben wir uns wichtige Chancen», sagt Bonvin. Wichtig seien neben der medizinischen Behandlung und Pflege auch die kleinen Gesten, die kurzen Gespräche, das Nachfragen, das aktive Zuhören. Das alles «kostet» Zeit, die sich das Personal des OKS dank Spenden jedoch immer nehmen kann.  

Kulturelle und sprachliche Brücken bauen

Fatima ist 13, als bei ihr ein metastasierter Knochenkrebs diagnostiziert wird. Ihre Familie besteht aus den Eltern und ihren drei jüngeren Geschwistern Yusef, Ismael und Dawina (alle Namen geändert). Zum Schock über die Diagnose kommt bei den Eltern die Sprachbarriere hinzu. Fatimas nur wenig jüngere Brüder übersetzen vieles für die Eltern. Da die Brüder manch einen Fachbegriff erst erklärt bekommen müssen – schliesslich sind sie selbst noch Kinder – dauern die Gespräche mit der Familie länger als üblich. Rund ein Drittel der Familien, deren Kinder am OKS behandelt werden, haben einen nicht-deutschsprachigen Hintergrund. Auch müssen manchmal kulturelle Brücken, zum Beispiel dass hierzulande auch männliches Personal für Mädchen zuständig ist, geschlagen werden. Umso wichtiger ist es, sich sehr viel Zeit zu nehmen, um die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen und eventuelle Bedenken abzubauen. So entstehen tragfähige Beziehungen.  

Lösungen zu finden, braucht Zeit

Jedes Kind – sei es nur kurz im Spital oder länger – hat zwei Bezugspflegende. Bei langwierigen oder komplexen Fällen können es auch einmal drei oder vier sein. Die Bezugspflegenden sind speziell in Gesprächsführung ausgebildet, kennen die Familie und wissen um deren Ressourcen und Herausforderungen.

Auch Fatima muss immer wieder zur Behandlung ins OKS. Für ihre Geschwister, die selbst zu dieser Zeit im Teenager-Alter sind, ist das nicht immer einfach. Ihre jüngste Schwester Dawina tut sich mit Besuchen sehr schwer. Meist weint sie währenddessen und ist danach noch den ganzen Tag traurig. Gleichzeitig hat sie ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihre Schwester nicht besucht. In einem Gespräch mit den Bezugspflegenden und einer unserer Psycho-Onkologinnen finden die Schwestern eine gute Lösung: Sie vereinbaren, dass Dawina mit ihrer Schwester über WhatsApp in Kontakt bleibt – über Chats oder Video-Anrufe. Das gibt Fatima Kraft und belastet Dawina nicht zu sehr.

Fatima wird nach dem neuesten Stand der Medizin behandelt. Dennoch verschlechtert sich ihr Zustand soweit, dass sie mit 21 Jahren verstirbt. Auf ausdrücklichen Wunsch von ihr und ihrer Familie bleibt Fatima bis zu ihrem Tod im OKS. Über die Jahre entstand eine enge und vertrauensvolle Verbindung zwischen Fatima, ihrer Familie und dem Behandlungsteam. Diese intensive Begleitung konnten ihr und ihren Angehörigen wertvolle gemeinsame Momente ermöglichen. Dank Spenden von unseren Gönnerinnen und Gönnern erhalten wir die wertvolle Zeit, die es für diese Beziehungsqualität braucht – Zeit die in keinem Tarifsystem berücksichtig ist.

*Namen geändert

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